KRITIK
DOPPELTE PORTION SLAPSTICK-JAZZ
AUS DEN ALPENREPUBLIKEN
Ilmenau (Ilmkreis) - BRD
"Bruckners Unlimited" und "Hildegard lernt fliegen" spielten auf den 41. Ilmenauer Jazztagen.
Konfetti! Genau, Konfetti hat noch gefehlt zum Konzert im Helmholtz-Hörsaal am Freitagabend. Dann hätte der
Begriff "Wundertüte" für das Programm der Ilmenauer Jazztage seine bildliche Entsprechung gehabt.
Der Ilmenauer Jazzclub hatte sich zwei Combos aus den Alpenrepubliken geladen mit einem Hang zu Slapstick.
Bei "Bruckners Unlimited" aus Linz (Österreich) war das zwar nicht vorhersehbar. Die fein gekleideten Herren spielten
in den ersten Minuten manierlichen Kaffeehaus-Jazz. Aber spätestens nach den Ansagen von Saxophonist Karlheinz Schmidt
war klar: Hier wird musiziert mit dem Schalk im Nacken.
Schmidt gab den verwirrten Dozenten, der zu den "21. bis 24. Jazztagen" begrüßte, seine Moderationen zu
Einführungstutorien umdeutete, für Fotografen ekstatisch posierte und Gästen aus Nürnberg eine Mitfahrgelegenheit
im Tour-Bus anbot.
"Bruckners Unlimited" zündeten - ganz beiläufig versteht sich - sogar ein Zwei-Sekunden-Feuerwerk im Hörsaal.
Ein Novum angesichts der Brandschutzbestimmungen, aber warum die Musik nicht mal wörtlich nehmen: Jazz-Funk
bis die Funken sprühen.
Musikalisch ist die Palette des Sextetts breit angelegt. Einflüsse zwischen Spandau Ballett und Frank Zappa
waren erkennbar. Und ein Faible für US-amerikanische Serien- und Filmmusik aus den Siebzigern und Achtzigern:
Mal "Die Straßen von San Francisco", mal der wilde Wahn von "Shining".
An einem Thema hing die Gruppe nie bis zum Einsetzen der Langeweile, meist unterbrach eine Krawallorgie
vom Schlagzeuger oder irre und irre laute Brüllattacken. Vor geschmeidigen Gitarrenvariationen a la Mark
Knopfler oder Rockabilly und ein paar Takten Schweinerock hatten die Österreicher jedoch keine Scheu.
Die Gruppe stöberte in der Klamottenkiste der Musikstile und verwendete die Fundstücke für ihr lose definiertes,
melodisches Verständnis von Jazz. Einprägsam, unterhaltsam, überraschend - herrlich.
...
Vergleiche sind nicht sinnvoll ... doch "Bruckner's
Unlimited" war musikalisch vielseitiger und für viele der eigentliche Höhepunkt.
Thüringer Allgemeine - 28.04.2014
BRUCKNER'S UNLIMITED - JAZZMUSSWEG
ATS Records, Vertrieb: Preiser
Bruckners are back, nicht die Friends of Anton aus Linz, sondern jene Oberösterreicher, die sich durchaus selbstkritischironisch als
"Unlimited" bezeichnen. Das Sextett legte nach vier "Besten" (1 - 4) Einspielungen jetzt nach einer langen Spielpause mit
"Jazzmussweg" ihre fünftbeste Platte vor. Der Name ist Programm, sowohl was Titel als auch jenen der Band betrifft. Nicht mehr die Kastln Jazz
und Rock, Fusion & More of New Music zählen, gefragt ist, was den Bruckners-Musikern gefällt. Um den Komponisten, Pianisten und Keyboarder
Roland Keil findet sich die rockelektrisch - elektrisierende Rhythmsection (W. "Bruno" Bründlinger/g, Gottfried Angerer/e-bass, b,
und Ewald Zach/dr) zwischen denen Saxofonist Charly Schmidt und der Geiger Marcus Wall ihre Melodien ziehen.
Was besonders einnimmt, sind die harten Schnitte und Brüche zwischen den Stilistiken, auf die man wohl zu pfeifen versteht, wir sind ja
nicht mehr im 20ten. Viele neue Töne, die den Aufbruch verdeutlichen, die musikalische Welt ist unsicher und
schwankend, da darf und muss man schon einmal an-die-Limits des Jazz gehen, da darf man sich auf die Sechstbeste freuen.
tHo - Concerto / Jänner 2014
WIE VON DER TARANTEL GESTOCHEN
Bruckner's Unlimited setzt im Cave 61 auf Jazz-Parodie
HEILBRONN/BRD Geradezu verdächtig brav setzen sich die gediegenen Herrschaften zur Kammerspielrunde zusammen. Die dunklen Anzüge
sind gepflegt, die Krawatten sitzen. Anton Bruckner (1824-1896) gilt es schließlich wieder einmal hochleben zu lassen, den großen Sohn ihrer
Heimatstadt Linz. Nicht dass der große Meister ein Jubiläum hätte. Aber muss man nicht die Feste feiern, wie sie fallen? Und wo sie fallen?
Und sei es in einem Jazzclub wie dem Cave 61? Wo man übrigens schnell beim Du ist. In der dritten Etage des K3, so scherzt Charly
Schmid, müsse doch wohl Bergrecht gelten, nicht wahr?
Gedenktag Womit der hagere Saxofonist, der Spitzwegs "Armen Poeten" entsprungen sein könnte, denn auch schon den Ton vorgegeben
hat. Seine gepflegte Kammermusiktruppe mit dem Namen Bruckner's Unlimited gedenkt den ungeplanten Gedenktag mit eigenwilligem Leben
zu füllen. Auf dass sich Anton Bruckner noch im Grabe amüsieren möge. Denn nicht sein berühmtes "Te Deum" werden sie spielen
oder gar eine seiner Sinfonien. Charly Schmid und sein Haus- und Hofkomponist Roland Keil haben Bruckners bislang als verschollen geglaubtes
Jugendwerk entdeckt und nach ihrem Gusto zurechtgeschnippelt.
Und siehe und höre da: Anton Bruckner, der später als alter Romantiker in die Geschichtsbücher eingegangen ist, muss wohl einige
Jugendsünden hinterlassen haben, die, Musikarchäologen werden es eines Tages bestätigen, als Keimzelle des Jazzrocks gelten müssen. Und
zwar eines Jazzrock der bereits recht avancierteren Art.
Samples Laut und heftig und, je länger der Abend währt, auch immer punkiger geht es im Jazzclub zur Sache, mit Geräusch-Samples aus der
Hexenküche des Kapellmeisters Roland Keil an den Reglern seines Keyboard- Monsters. Immer vorneweg, in der dankbaren Rolle der ewiglich
geliebhassten Antagonisten-Paares: Charly Schmid (Saxofone und Bassklarinette) und Marcus Wall an der verstärkten Violine.
Wie in einem Kammerspielkreis sitzen sie sich gegenüber, dem Publikum abgewandt. Um jedes Solo werden sie kämpfen und mit ganzem
Einsatz. Und sei es, dass sie wie von der Tarantel gestochen zu ihren Soli aufspringen. "Jazz muss weg" hat das Sextett sein Programm genannt,
das, man ahnt es schon, mit allerlei kniffligen Jazzsuiten gespickt ist. Und in den viel zu seltenen ruhigen Momenten, etwa wenn die
Bassklarinette auf den Kontrabass trifft, von einer hoher Suggestionskraft zu zeugen weiß.
Michaela Adick - Dezember 2013
BRUCKNER'S UNLIMITED - Jazzmussweg
... Gänzlich anders ist der Charakter der neuen CD "Jazz muss weg!" von Bruckners Unlimited. ... 17 Titel enthält der Tonträger,
manches zu Suiten zusammengefasst. Auch hier kommt der Witz nicht zu kurz. Sehr schön paart sich Jazz
mit zügig intoniertem Rock, immer wieder gibt es überraschende Kehrtwendungen und ironische Umbrüche. Auch schöne Einstiege
in die etwas sprödere Welt des Zeitgenössischen sind dabei. Ein hervorragender Silberling.
Bruckners Unlimited: "Jazz muss weg" (ATS Records)
OÖN Bewertung: ******
Haunschmid - OÖ Nachrichten April 2013
INS SINNLOSE GELOCKT
"Bruckner's Unlimited": Skurriler und niveauvoller Stilmix
Tja,wer wusste das schon: Da existiert ein Frühwerk von Anton
Bruckner, das "zu Recht verschollen ist". So erklärt es zumindest der hagere
Saxofonist auf der Bühne in feierlichem Ton. Doch, Gottlob, es gibt "Bruckner's
Unlimited". Die sechsköpfige Band aus des großen Komponisten Heimat Österrreich
hat das Stück ausgegraben und gibt es nun zum Besten. Was war da von Bruckner
(zu Recht) verschollen ? Ein Speedrock-Country-Werk, eigentlich ein oststeirisches
Volkslied, jedenfalls eine Art Rock mit Bassklarinetten-Solo. Und als die Uraufführung
nach wenigen Minuten zu Ende und der freundliche Applaus abgeebt ist, fragt
der hagere Saxofonist vorwurfsvoll sein Publikum in Kempten: "Na, das gefällt
Ihnen wohl ?!" Es ist schon eine skurrile Show, die Bruckner's Unlimited auf
der APC-Bühne abziehen. Erschienen ist das Sextett wie zum Kammermusikabend.
Schwarze Anzüge, weißes Hemd. Aber die Krawatten in satten Farben lassen schon
ahnen, dass nicht alles bierernst sein wird. Zwar setzen sich der Geiger und
besagter hagerer Saxofonist klassisch brav gegenüber, zeigen also nicht ihr
Gesicht, sonder nurs Profil. Aber warum müssen sie immer wie von der Tarantel
gestochen aufspringen, wenn sie ein Solo spielen ? Und was wird da überhaupt
gespielt? Mit Klassik hat das nicht zu tun. Mit Jazz, ja. Aber warum dann plötzlich
die Heavy-Metal-Gitarre? Und die paar Takte Polka, die passen doch auch nicht?
Nein, das passt eigentlich nicht. Aber es klingt dennoch sehr stimmig. Die Österreicher,
allesamt exzellente Musiker, haben sich für einen Stilmix entschieden, der krasser
kaum sein kann. Die Basis für den Musikcocktail ist elektrischer Jazz der gehobenen
Klasse und auf Höhe der Zeit. Von da aus unternehmen sie Ausflüge in ganz entfernte
Genres - allerdings ohne sie richtig auszuspielen. Meistens kehren sie schnell
wieder zurück zur Basis. Doch dann kommt wieder der hagere Saxofonist, dem wir
jetzt endlich einen Namen geben wollen. Charlie Schmid heißt er und übernimmt
die Ansagen. "Liebe Camperinnen und Camper" spricht er die Kemptener an, wünscht
ihnen, ganz auf den antiken Schauplatz abgestimmt, dass die Götter mit ihnen
sein mögen, beschimpft sie ein wenig ("Wer kommt schon nach Kempten?") und lockt
sie mit Satzungetümen, die im Nichts enden, ins Sinnlose. Das hört sich fast
ein wenig nach Dada an, nach anarchischem, improvisierten Nonsens-Theater -
sehr zum Gaudium der Zuhörer übrigens. Da passt es nur zu gut, wenn er die Zugabe
dem römischen Gott der Musik widmet - Nero. Da möge Bruckner mit ihnen sein.
(Allgäuer Zeitung, Klaus-Peter Mayr)
GUTE MUSIK - GUTER SCHMÄH
... Eine ernst zu nehmende Showband. Kann es das geben? Ein bisschen Groteske, ein Hauch
von Monty Python und viel gute Musik: aus dieser Mischung besteht die Linzer Jazzband Bruckner´s Unlimited. .....
Mit zunehmender Sicherheit entfernten sich die Musiker von Ihren Vorbildern, kreierten Eigenständiges, betraten
Kompositorisches Neuland. Das brachte immerhin schon fünf CDs, deren Präsentationen ganz eigene Gestalt annahm.
Alles nach dem Motto: Nichts darf unmöglich sein, wenn es musikalisch sinnvoll ist. Der Kritiker der Salzburger
Nachrichten hatte es schon vor vier Jahren erkannt: Bruckner´s Unlimited bieten nicht nur dramaturgische Kurzweil,
sondern einmal mehr den musikalischen Beweis dafür, wie innovativ Crossover zwischen Hardcore und Minimalismus sein
kann, wenn er auf konzeptioneller Basis intelligent erarbeitet (und notiert) wird. .....
Elisabeth Oberlik, Musikkritikerin Linz
"Bruckner´s Unlimited", Österreichs begehrter Exportartikel, wenn es um grenzüberschreitende Musik geht, hat sich
wieder weiterentwickelt. Marcus Wall bringt seit April virtuose Violin-Töne in das intellektuelle, hochdynamische
Spiel der Topmusiker um Frontman Charlie Schmid. Bei einem Konzert anlässlich 10 Jahre KIK Ried bereicherte der Geiger
in atemberaubender Weise die komple-xen Spielstrukturen und postmodernen Kompositionen des Band-Hirns Roland Keil.
GM
SÜSSHOLZ UND SCHWERMETALL
... Ohne Limit schien neben der Spielfreude des Sextetts auch dessen hörbare Bereitschaft,
ungeniert die musikalische Landschaft zu plündern und passende Fundstücke zu tönenden Collagen zusammenzufügen. Nur
für einige besinnliche Momente raspelt die Geige Süßholz, pochte das Schlagwerk in lateinamerikanischer Pulsfrequenz.
Allgegenwärtig warteten Bass und E-Gitarre darauf, mit ihrem Rhythmusgewitter etwaigen aufkommenden "Easy Listening"-
Tendenzen den Garaus zu machen. so hätte sich vielleicht Glenn Miller nach dem Besuch eines "Van Halen"-Konzerts gefühlt.
Jazz, Rock, Metal, Klassik und Country fließen bei "Bruckner´s Unlimited" zu einem gärenden Gebräu zusammen.
Tennengauer Nachrichten
... Mit nie beliebiger Haltung betriebene Jazzspiele einer postmodernen Gattung. Maßgearbeitete Hörstücke samt
Hakenschlagerei. Findiges Sammeln, gerissenes Borgen, originalitätssüchtiges Rei-hen und Mischen. Überdies wirkt
ein bisweilen überbordenwollendes Witzigsein nicht vergeblich. Und die um viele Ecken gescheit kalkulierenden Kumpane
beteuern, dass sie stets ihr Bestes bringen. Da gibt‘s keine Fisimatenten.
Robert Urmann, Jazzkritiker Linz
Bruckner´s Unlimited - Extended Version:
Die Musik: wie immer eine rasant-witzige Fahrt durch den Zitat-Selbstbedienungsladen,
dessen verschiedene Regale (Komposition: Roland Keil) jede Menge Überraschungen
bieten. Dichte Ensemblepassagen werden durch lyrische bis frenetische Soli
abgelöst (taktisch gut postiert: Bruno Bründlingers Gitarrenfinale),
bis nach 20 Minuten- für mich etwas zu früh - der Laden dichtmacht.
Nehmen Sie sich trotzdem ein Wagerl!
(schu, Concerto)
... Bruckner´s Unlimited sind ein Erlebnis, so, als würden Monty Python, Erik Satie und John Zorn ein gemeinsames
Projekt erarbeitet haben, für das Roy Lichtenstein Pate gestanden hat. Man weiß nie, wann etwas wie passiert, hat
den Eindruck, beständig mit Bekanntem konfrontiert zu werden und doch auch nicht. Zitate aus der gesamten Musikgeschichte
zwischen Volksmusik und Punk, Minimalismus und Funk, Blues und Free wirbeln hier gleichberechtigt, häufig polyrhythmisch
wie selbstverständlich durcheinander, um in überraschenden Riffs oder unerwarteten Pausen versenkt zu werden. Das ergibt:
nicht Satire, nicht wütendes Devastieren der Konventionen, sondern niveauvoller Schabernack, wie er im Buche steht ...
Wolfgang Lamprecht, Jazzkritiker Wien
...letztere boten nämlich mit ihrem neuen
13köpfigen Projekt nicht nur dramaturgische Kurzweil, sondern einmal
mehr auch den musikalischen Beweis dafür, wie innovativ Crossover zwischen
Hardcore und Minimalismus sein kann, wenn er auf konzeptioneller Basis intellegent
erarbeitet (und notiert) wird. (Kritik zum Jazzfest Wiesen)
Salzburger Nachrichten
...aus der Abteilung Jazz und Unernst kommt
das überzeugendste Statement von Bruckner´s Unlimited mit ihrer
"Drittbesten"...
(Bilanz des Jazz-Jahres in Österreich)
Salzburger Nachrichten
... der Abend wurde beendet vom furiosen Auftritt der österreichischen Alternativ-Jazzband Bruckner´s Unlimited, welche
alle Jazzrichtungen gleichzeitig spielt und damit Wünsche und Gedanken des Publikums provoziert hat, abstrakte Tänze aufzuführen...
Moskau / Aleksander Kulisch
... Alle sind sie ein bisschen Schauspieler, das gibt ihrem Konzert einen Anflug von Spektakel und ironischem Happening ...
Für eifersüchtige Fans eindeutiger Richtungen ist diese Band eine harte Nuss: Man findet hier alle Stile des 2o. Jahrhunderts ...
So spielen sie durchdacht, meisterhaft und hochprofessionell ...
Moskau - The Evening Club / Arkadij Petrov